Der vZEV: wie setzt man ihn um?
- richardweiss45
- 2. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
In einem Blog-Beitrag von 16.Januar 2025 haben wir das Konzept eines vZEV (virtuellen Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch) auf vereinfachtem Niveau eingeführt und die Vorteile dargestellt. In diesem Artikel tauchen wir etwas mehr ins Detail und erklären, wie sich ein vZEV gestalten lässt und worauf man bei Antragserstellung bzw. Umsetzung achten sollte.

Ausgangslage
Der virtuelle Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (vZEV) repräsentiert eine neue erweiterte Lösung zum «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch» (ZEV), um lokal erzeugte Energie effizienter zu nutzen. Ab dem 1. Januar 2025 ermöglicht diese neue Regelung in der Schweiz, dass mehrere Parteien ihren Stromverbrauch gemeinsam organisieren können, ohne dass eine physische Verbindung zwischen den beteiligten Gebäuden erforderlich ist.
Dieses Modell bietet Quartiere mit bestehenden Netzanschlüssen erhebliche Vorteile, da keine baulichen Änderungen notwendig sind. Es gibt jedoch klare technische und regulatorische Einschränkungen, die bestimmen, welche Häuser sich verbinden können.
vZEV: Definition und Funktionsweise
Ein virtueller vZEV erlaubt es mehreren Endverbrauchern, den Strom aus einer gemeinsamen Energiequelle – meist einer Photovoltaikanlage – über das bestehende Niederspannungsnetz gemeinsam zu nutzen. Anders als beim klassischen (ZEV), bei dem physische Leitungen zwischen den Teilnehmern erforderlich sind, basiert der vZEV auf der virtuellen Zusammenführung von Messdaten mehrerer Zähler.
Vorteile des vZEV
Der vZEV bietet zahlreiche Vorteile:
Keine baulichen Massnahmen erforderlich: Bestehende Anschlussleitungen können genutzt werden, wodurch Kosten für zusätzliche Leitungen entfallen.
Erhöhung des Eigenverbrauchs: Der lokal erzeugte Strom wird direkt vor Ort genutzt, was Netznutzungskosten reduziert.
Flexibilität: Auch Gebäude, die nicht unmittelbar nebeneinanderliegen, können Teil eines vZEV sein, sofern sie denselben Netzanschlusspunkt nutzen.
Der Verteilnetzbetreiber (VNB) ist gesetzlich verpflichtet, die Messdaten für alle Teilnehmer eines vZEV bereitzustellen.
Technische Voraussetzungen
Damit ein vZEV gebildet werden kann, müssen bestimmte technische Bedingungen erfüllt sein:
Gleicher Netzanschlusspunkt: Alle Teilnehmer müssen über denselben Verknüpfungspunkt im Niederspannungsnetz (<1 kV) verbunden sein.
Gleiche Sammelschiene: Die Anschlussleitungen müssen auf derselben Sammelschiene des Verteilnetzes liegen.
Keine Muffennetze: Ein vZEV ist nicht zulässig, wenn die Verbindung über mehrere Muffen erfolgt.
Muffen und Anschlussleitungen: Was ist möglich?
Die Rolle der Muffen im Stromnetz:
Muffen sind technische Komponenten zur Verbindung von Kabeln im Stromnetz. Sie dienen dazu, einzelne Kabelabschnitte elektrisch und mechanisch zu verbinden und gleichzeitig eine Isolation sicherzustellen. Muffen kommen häufig in unterirdischen Kabelnetzen zum Einsatz und sind ein wesentlicher Bestandteil der Verteilnetzinfrastruktur.
In einem Muffennetz verbinden mehrere Muffen verschiedene Anschlussleitungen miteinander. Dies führt jedoch zu einer komplexeren Netztopologie, die für einen vZEV problematisch sein kann. Die Schweizer Energiegesetzgebung sieht vor, dass ein vZEV nur gebildet werden kann, wenn alle Teilnehmer direkt mit demselben Verknüpfungspunkt verbunden sind und keine Zwischenverbindungen über Muffen bestehen.
Zulässige Konfigurationen
Ein vZEV ist möglich, wenn:
Alle Anschlussleitungen direkt mit einem gemeinsamen Verteilkasten (VK) verbunden sind.
Die Häuser an derselben Sammelschiene des Niederspannungsnetzes angeschlossen sind.
Keine Muffennetze vorhanden sind oder alle Häuser dieselbe Muffe teilen.
In solchen Fällen gelten die Häuser als netztopologisch verbunden und können den lokal erzeugten Strom gemeinsam nutzen.
Ein vZEV ist nicht möglich, wenn:
Die Anschlussleitungen über unterschiedliche Muffen verbunden sind.
Es keine direkte Verbindung zum Verteilkasten gibt.
Der Stromfluss durch mehrere Anschlussleitungen erfolgt.
In diesen Fällen wird die Netztopologie als nicht geeignet für einen virtuellen Zusammenschluss betrachtet. Dies liegt daran, dass der Stromfluss über mehrere Knotenpunkte zu einer ineffizienten Nutzung der Infrastruktur führen würde
![Abbildung 1 Mögliche und unmögliche vZEVS [1]](https://static.wixstatic.com/media/24eabf_c64375e8ecf941fda57c3e2fa85a8d64~mv2.png/v1/fill/w_907,h_193,al_c,q_85,enc_avif,quality_auto/24eabf_c64375e8ecf941fda57c3e2fa85a8d64~mv2.png)
![Abbildung 2: Schematische Darstellung zur Bildung von vZEV unter Nutzung von Anschlussleitungen[2]](https://static.wixstatic.com/media/24eabf_d04a282e53094c5b9f147896c3febcb2~mv2.png/v1/fill/w_907,h_208,al_c,q_85,enc_avif,quality_auto/24eabf_d04a282e53094c5b9f147896c3febcb2~mv2.png)
Beispiele aus der Praxis
Um die Unterschiede zwischen zulässigen und unzulässigen Konfigurationen zu verdeutlichen, betrachten wir zwei typische Szenarien:
Szenario 1: Zulässige Konfiguration
Haus 1 und Haus 2 sind direkt mit demselben Verteilkasten verbunden. Beide Häuser liegen an derselben Sammelschiene des Niederspannungsnetzes. Es gibt keine Zwischenverbindungen über Muffen. In diesem Fall kann ein vZEV gebildet werden.
Szenario 2: Unzulässige Konfiguration
Haus 1 ist über Muffe 1 mit dem Verteilkasten verbunden, während Haus 3 über Muffe 2 angeschlossen ist. Zwischen den beiden Muffen besteht keine direkte Verbindung. Aufgrund dieser getrennten Netztopologie ist ein vZEV nicht möglich.
Diese Szenarien illustrieren die Bedeutung einer klaren Netztopologie für die Bildung eines virtuellen Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch.
Der Weg zum vZEV: Praktische Umsetzung
Interessierte Liegenschaftsbesitzer sollten folgende Schritte beachten:
Abklärung der technischen Machbarkeit: Der erste Ansprechpartner ist der lokale Verteilnetzbetreiber, der die Netzstruktur prüft und feststellt, ob die Gebäude am selben Netzstrang liegen. Falls vZEV möglich ist müssen die ZEV-Teilnehmende dies dem Verteilnetzbetreiber melden. Der VNB prüft den Antrag und muss den SmartMeter innerhalb von 3 Monaten installieren. VNB rechnet nicht-Teilnehmende separat ab und stellt dem vZEV die Lastgangdaten der VNB-Messpunkte kostenlos zur Verfügung.
Gemeinsame Organisation: Die Teilnehmer müssen einen Zusammenschluss gründen, der als gemeinsamer Endverbraucher auftritt. Dies kann in Form einer einfachen Gesellschaft, eines Vereins oder einer anderen Rechtsform geschehen.
Messkonzept und Abrechnung: Der Zusammenschluss benötigt ein transparentes System zur Messung und Abrechnung des Stromverbrauchs seiner Mitglieder. Dies erfolgt meist über intelligente Messsysteme (e.g. Smart Meter). Der vZEV kümmert sich um die Abrechnung innerhalb des vZEV.
Vertragliche Regelungen: Die Teilnehmer müssen ihre Rechte und Pflichten in einer Vereinbarung festhalten, einschliesslich der Kostenverteilung und der Regeln für Ein- und Austritte.
Abrechnung innerhalb des vZEV: Die interne Abrechnung zwischen den Teilnehmern eines vZEV (z. B. wie viel Solarstrom jeder genutzt hat) wird vom Betreiber des vZEV organisiert. Dies kann eine Hausverwaltung, eine Energiegenossenschaft oder ein externer Dienstleister sein. Der Betreiber nutzt die vom VNB bereitgestellten Daten, um die Verteilung und Abrechnung des lokal erzeugten Stroms zu berechnen.
Regulatorischer Rahmen
Die rechtlichen Grundlagen für den vZEV wurden im Rahmen des revidierten Stromversorgungsgesetzes geschaffen. Der Bundesrat hat festgelegt, dass ab dem 1. Januar 2025 virtuelle Zusammenschlüsse zulässig sind, sofern die technischen Voraussetzungen erfüllt sind.
Der Verteilnetzbetreiber ist verpflichtet:
Die Netztopologie offenzulegen.
Auf Anfrage Informationen über potenziell geeignete Nachbarn bereitzustellen.
Intelligente Messsysteme zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus müssen alle Teilnehmer ihre Teilnahme schriftlich bestätigen. Die Produktionsleistung der gemeinsamen Energiequelle muss mindestens 10% der kumulierten Anschlussleistungen betragen.
Eröffnung neuer Möglichkeiten
Der virtuelle Zusammenschluss zum Eigenverbrauch eröffnet neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Energienutzung in der Schweiz. Durch die Nutzung bestehender Anschlussleitungen können Kosten gespart und der Eigenverbrauch erhöht werden. Gleichzeitig stellt das Modell hohe Anforderungen an die Netztopologie, insbesondere in Bezug auf Muffennetze und Sammelschienen.
Für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer bietet der vZEV eine attraktive Möglichkeit, von lokal erzeugtem Solarstrom zu profitieren – vorausgesetzt, die technischen Voraussetzungen sind erfüllt.
[1] EIGENVERBRAUCH & ZEV, WAS GILT NEU AB DEM 1.1.2025, BFE
[2] EIGENVERBRAUCH & ZEV, WAS GILT NEU AB DEM 1.1.2025, BFE
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